ZUSAMMENFASSUNG

Endlich wieder Handball! ist eine Abenteuergeschichte für alle Handballfans, die den Handballsport Corona-bedingt vermissen. Sie basiert auf Erzählungen und Erlebnissen der Handballprofis Maxi Mühlner, Lea Rühter und Martin Strobel.

 

Es ist Sommer 2020. Julian kann es kaum erwarten. Endlich wieder Handball! Doch das Handball-Camp ist wie verhext: Ein Ball trifft ihn am Kopf, ein geheimnisvolles Geräusch stört das Training und sogar ein Camp-Abbruch steht zur Debatte.

Julian und sein Freund FOM durchforsten darauf das Camp, folgen verdächtigen Drohnen und ergründen, was es mit dem Kletterseil auf sich hat. Dabei treffen sie auf die Bundesligaprofis Maxi Mühlner und Lea Rühter. Auch bei den beiden läuft es nicht rund. Ihr Trainer gibt ihnen eine mysteriöse Aufgabe. Erst, wenn sie diese lösen, werden sie für die Auswahl nominiert. Doch dazu müssten sie die Aufgabe erstmal verstehen …

 

Können Julian und FOM den Abbruch des Camps verhindern? Werden Maxi und Lea es schaffen, in die Auswahl nominiert zu werden? Was macht ein Handballrentner im Handballcamp?

 

1. Kapitel: MEISTER DES NICHTS

Julian liegt in seinem Bett und träumt.

 

„Ferien. Endlich!“, flüstert er vor sich hin und lächelt zufrieden, als würde er gerade drei Kugeln Eis verspeisen. Heute ist der erste Tag der Sommerferien. Endlich kann er machen, was er am liebsten macht: Rumliegen und Träumen. Einfach so. am liebsten würde er dieses verrückte Jahr vergessen. Bis März war alles noch normal. Handballtraining montags, dienstags und freitags und dazwischen nervte die Schule. Die 4. Klasse war ja schon anstrengend, aber in der 5. war es nochmal schlimmer. Ein Test hier, Hausaufgaben da, ein Buch lesen, ein Poster gestalten und so weiter. Die Hausaufgaben nahmen einfach kein Ende. Aber dann kam Corona und alles stand Kopf. Nichts war mehr so, wie vorher. Plötzlich war die Schule zu. Am Anfang war das alles noch neu und irgendwie cool, aber mit der Zeit wurde es echt anstrengend. Es dauerte eine Weile, bis er sich an den Unterricht über Videokonferenzen gewöhnt hatte. Dass Mama und Papa manchmal sogar strenger waren als die Lehrer in der Schule, war auch nicht wirklich hilfreich. Etwas Gutes hatte Corona aber: Er sparte sich den Schulweg und konnte länger schlafen. Manchmal hatte er sogar noch während des Videounterrichtes einen Schlafanzug an. Zum Glück wussten das die anderen nicht. Am schlimmsten aber war, dass auch das Handballtraining ausfiel und alle Spiele abgesagt wurden. Julians Laune verschlechterte sich von Tag zu Tag.

 

Sein Zimmer ist sein Reich. Kein großes Reich, aber seines. Jeder Winkel ist ihm vertraut. Über seinem Bett hängen selbstgemalte Bilder, daneben ein Handballkalender von 2020. Neben der Tür steht sein Handballtor. Die drei bemalten Holzleisten aus dem Baumarkt kommen einem echten Handballtor schon sehr nah. Sogar ein Tornetz ist gespannt. Zum Trickwurfüben eignet sich das hervorragend. Julians Blick fällt auf seinen Schreibtisch. Ein Durcheinander aus Mathe, Deutsch, Französisch und all den anderen Fächern der 5. Klasse. Die Fünfte ist jetzt zum Glück vorbei.

 

Julian starrt auf den Schreibtisch und seufzt. Nebeneinander und übereinander stapeln sich Ordner, Hefter, Bücher und Blöcke. Schulsachen in den Ferien sind so nützlich wie eine 2-Minuten-Strafe beim Handball. Die Schulsachen müssen weg. Nur wie? Beim Handball wüsste er, was zu tun ist. Ein Doppelpass. Der ist einfach zu spielen und klappt immer - fast immer. Doch Schulbücher lassen sich leider nicht mit einem Doppelpass ausspielen. Wie doof!

 

 

 

„Julian, du musst aufräumen“, macht er sich ein wenig Mut. Aufräumen ist total uncool, aber eine andere Lösung gibt es nicht. Nicht gerade ordentlich, aber ordentlich genug packt er die Schulsachen nacheinander in den Schrank. Zu seiner Überraschung passt alles rein. Zufrieden lässt er sich auf sein Bett fallen. „Cool, jetzt können die Ferien beginnen.“ Sofort denkt er wieder an Handball. Das uncoole Aufräumen erinnert ihn an Fabian, seinen Handballtrainer. Zum Ende eines jeden Donnerstagstrainings scheucht er sein D-Jugend Team regelmäßig für 30 Minuten durch den Park. Volle 10 Runden im Kreis. Fabian läuft natürlich nicht mit. Nein, er steht an der Seite, grinst vor sich hin und nimmt die Zeit. Im-Kreislaufen findet Julian ziemlich uncool. ganz im Gegensatz zu einem der letzten Spiele vor Corona. Kurz vor Spielende, als alle völlig erschöpft über das Feld trabten, bekam Julian den Ball in der Abwehr. Ohne viel nachzudenken zündete er den Turbo. Er umdribbelte einen Gegner und zog quer übers Feld. Zu seiner Überraschung ging ihm weder die Puste aus, noch attackierte ihn ein Gegner. Vor dem Tor blieb er nervenstark wie Hans Lindberg beim Sieben-Meter und versenkte den Ball unten links. Das Tor war cool, aber viel cooler fand er den Blick in die erstaunten Gesichter des Gegners. Während Julian noch einen Zahn zulegte, ging denen die Puste aus. Das war cool. mega-cool. Manchmal muss man anscheinend ein paar uncoole Sachen machen, um was Cooles zu erreichen. Komische Welt. Dann widmet sich Julian wieder seinem Zimmer.

 

 

 

Auf dem Regal neben dem Bett steht er. Nein, da thront er. Sein Lieblingshandball. Gemeinsam haben sie viele tolle Spiele erlebt. Coole Siege und doofe Niederlagen. Rot-weiß-rot, Größe Null. Voll mit Originalunterschriften von Profihandballern. Die Autogramme sind mittlerweile ziemlich verblasst, aber Julian weiß hunderttausendprozentig genau, welcher Spieler wo unterschrieben hat. Das kann er im Schlaf. Julian schnappt sich seinen Lieblingshandball und wirft ihn gegen die Decke. An der Decke macht der Ball ding, dann klatscht er einmal und fängt - dong - den Ball wieder auf. Wenn alles gut geht, macht es

DING, KLATSCH, DONG

 Der Trick dabei ist die richtige Geschwindigkeit, so dass man ausreichend Zeit zum Klatschen hat. Wirft man zu hart, hat man keine Zeit zum Klatschen. Wirft man zu weich, kommt der Ball nicht bis zur Decke. Es dauerte einige Tage, bis Julian den richtigen Dreh raushatte. Aber jetzt kann er das im Schlaf. Doof ist nur, dass jedes einzelne Ding einen kleinen, dunklen Fleck an der weißen Decke hinterlässt. Je öfter Julian die gleiche Stelle trifft, desto größer wird der Fleck. Zum Glück haben seine Eltern die Flecken noch nicht entdeckt. Trotzdem findet er die Übung eine geniale Idee. So kann er im Bett liegen und gleichzeitig Handballwürfe trainieren. Julian schaut auf seinen Ball. „Wir sind ein Team, Ball!“

 DING, KLATSCH, DONG

 DING, KLATSCH, DONG

 DING, KLATSCH, DONG

 DING, KLATSCH, DONG

„OHH …“ Maren, Julians Mama ist überrascht, als sie ins Zimmer kommt.

„Was ist denn hier los?“ Julian hört sofort mit dem Ballwerfen auf. „Och, nichts“, versucht er seine Mama zu beruhigen und hofft, dass sie nicht zur Decke hochschaut. Einen kurzen Moment später kommt der Ball von der Decke zurückgeschossen und trifft ihn mitten auf der Nase.

 

„Nichts?“ Seine Mama zeigt ungläubig auf den Schreibtisch. „Ok, Meister des Nichts, hier ist ja alles aufgeräumt. Das ganze Schuljahr sagen wir dir, dass du aufräumen sollst, und jetzt, pünktlich zum ersten Ferientag, machst du das von ganz alleine?“

Julian versucht zu lächeln, aber seine Nase tut ihm höllisch weh. So nickt er nur mit dem Kopf und grinst.

 

„Ha …“, schallt es durchs Haus. Was will Papa nur? „Ha“ wie „Hausaufgaben“? Nee, das kann nicht sein. Es sind Ferien. Da sind Hausaufgaben so wahrscheinlich wie torlose Spiele beim Handball. Gibts nicht. Seine Augen erblicken den gepackten Koffer. So schnell er kann springt er aus seinem Bett. Mama schüttelt ungläubig den Kopf. Mit dem Lieblingshandball in der Hand läuft er nicht einfach nur die eine Etage runter, nein, er dribbelt und macht dabei ein paar Körpertäuschungen. Links, rechts, links, rechts. Zum Glück ist die Treppe breit genug. Im Wohnzimmer setzt er zum Sprungwurf an. Er landet mit dem Ball in der rechten Hand bequem auf dem Sofa. „Endlich wieder Handball! Handballcamp, ich komme!“, ruft er laut und schaut in Papas verblüfftes Gesicht. Normalerweise benötigt herr julian drei oder vier Aufforderungen. Heute geht es ganz schnell. Erstaunlich.

 

2. Kapitel: HANDBALLER JAMMERN NICHT

„Endlich angekommen.“ Nach vier Stunden steigt Julian erleichtert aus dem Auto und streckt sich. Stillsitzen mag er nicht. Weder auf der Bank am Spielfeldrand, noch im Auto.

 

„Hier ist ja was los.“ Überall laufen, stehen und rennen Kinder und Eltern herum. Julian schaut sich um. Alle in seinem Alter. Und alle scheinen sich genauso auf das Camp zu freuen wie er. Zwischendrin erkennt er ein paar Eltern, die nicht sonderlich glücklich darüber zu sein scheinen, ihre Kinder alleine zu lassen.

 

Handballcamp-Anmeldung. Von Weitem erkennt er, wo es langgeht. „Ich suche einen Parkplatz“, ruft ihm Papa zu. Julian nickt und zeigt mit dem Finger auf die Anmeldung. „Wir treffen uns da.“ Kurz schaut er dem Auto hinterher. Nach drei Schritten vernimmt er plötzlich ein Geräusch. Es ist nicht sonderlich laut. Er erkennt die Melodie. Spontan lässt er die Anmeldung links liegen und läuft der Musik entgegen. Mit jedem Schritt wird die Musik ein wenig lauter. Zum ersten Mal seit dem Corona-Chaos betritt Julian eine Handballhalle. Beim Anblick des Hallenbodens und der Tore überkommt pure Vorfreude auf das Camp. In der Halle sieht er zwei Mädels in Sportklamotten.

 

Lea schlägt ein Rad nach dem anderen und zählt: „Eins. Zwei. Drei. Vier. Fünf.“ Erst vor wenigen Stunden hat sie Maxi kennengelernt, doch die beiden verstehen sich auf Anhieb. Turnen, Grimassen schneiden, laut zur Musik singen – und immer mit einem Handball in der Hand. Lea greift zu ihrem Handy. „Pass mal auf: Ich kann die Lautsprecher per Funk mit dem Handy steuern und die Musik ändern.“

 

„Echt? Das hätte ich auch gern zu Hause bei den Vipers.“ Maxi achtet bei jedem Torwurf peinlichst darauf, ihren eigenen Ball zu nehmen. Lea findet das lustig. Sie kennt diese Art von Ballkult aus ihrer eigenen Mannschaft. So richtig nachvollziehen kann sie es nicht, aber so hat halt jeder seine Macken. Lea spielt einen Bodenpass zu Maxi.

 

„Mann, wie habe ich das vermisst. Endlich wieder Handball.“ Maxi nimmt den Ball auf und lächelt, als sie ihren Ball erkennt. Sie passt zurück zu Lea. „Den habe ich richtig schön sauber bekommen, oder?“ Lea fängt den Pass gekonnt mit einer Hand und bewundert den blitzsauberen Ball. Kein Harz weit und breit. In der Mitte erkennt sie deutlich die Buchstaben mm. „Ihr Feldspieler habt echt eine Macke mit eurer dauernden Ballpflege.“ Lea spielt einen Dreher zurück zu Maxi. „Wir hatten ja genug Zeit. Seitdem die Liga im März wegen Corona beendet wurde, habe ich kein Spiel mehr gemacht. Wer weiß, ob ich das überhaupt noch kann.“

 „Na, das finden wir schon heraus.“ Lea schmunzelt. Handball verlernt man nicht, aber ein wenig unsicher sind sie schon, wie gut sie nach einer so langen Pause noch sind. Maxi zeigt auf die beiden Matten. „Wer am Weitesten rutscht, ok?“

 

Lea weiß sofort, was Maxi meint. Einen Sekundenbruchteil später rennen beide mit voller Kraft los, springen kräftig vor der Matte ab, reißen Arme und Kopf nach oben und lassen sich auf die Mitte der Matte fallen.

zisssssssssch - zisssssssssch - zisssssssssch

schallt es laut durch die Halle, als sie über den Hallenboden rutschen. Dabei jubeln sie, als hätten sie gerade eine Goldmedaille bei Olympia gewonnen.

 

„Das habe ich nicht mehr gemacht, seitdem ich D-Jugend gespielt habe“, erinnert sich Lea. Sie macht High Five mit Maxi. Maxi entdeckt hinter einem der Tore ein Gerät mit einer großen Anzeige.

 

„Ist das nicht eine …“

„… GEMEMA, eine Geschwindigkeitsmessmaschine!“, ruft Lea aufgeregt. Die kennt sie aus ihrem Verein. Damit messen sie, wie schnell ihre Würfe sind. klick, klack - mit zwei einfachen Handgriffen schaltet sie die Maschine ein und die Vorderseite blinkt.

„Wie wäre es, wenn wir tacho spielen?“ Lea ist darin richtig gut, aber das behält sie lieber für sich. Maxi nickt nichtsahnend. Abwechselnd wählen sie eine Geschwindigkeit. Wer mit seinem Wurf am Nächsten dran ist, gewinnt. Die Geschwindigkeiten wechseln sich ab, mal 54 km/h, dann 66 km/h, manchmal sogar über 90 km/h. Maxi probiert einen Trickwurf hinter dem Rücken, doch der Wurf trifft den Pfosten und prallt zurück. Plötzlich blinken alle Zahlen auf. Maxi erschrickt. „Kaputt?“, ruft sie kleinlaut zu Lea.

 

„Nee, nicht kaputt, eher KO. Pfostenwürfe mag die Maschine nicht. Schau, ich muss sie nur neu starten.“ Maxi atmet beruhigt auf. Ein schrilles Geräusch schallt plötzlich aus den Lautsprechern.

sch sch sch sch sch sch sch sch sch

„Lea, was zum Teufel hast du gemacht?“, ruft Maxi aufgeregt. „Ich habe nur die Maschine neugestartet. Ehrenwort. Beim Handballgott.“ Lea ist sich keiner Schuld bewusst. In dem Moment stoppt das Geräusch und ihre Musik ist wieder zu hören. Maxi atmet erleichtert auf. „Ich glaube, der Handballgott hat dich erhört.“

 

„Das wäre das erste Mal. Normalerweise reagiert der überhaupt nicht.“

 „Das ist gar nicht so schlecht. Wenn wir diese Woche für die Nationalmannschaft nominiert werden wollen, können wir ein klein wenig Glück gebrauchen.“

 „Das wäre ja so cool, wenn wir das schaffen.“ Lea lächelt bei dem Gedanken. Nationalmannschaft war schon ihr Ziel, als sie mit Handball angefangen hat. „Glück allein wird nicht reichen, wir müssen trainieren. 100 km/h“, ruft Maxi und zeigt auf die Maschine. Lea schaut geschockt. Normalerweise wirft sie ihre Pässe mit 60 bis 70 km/h. Bei 100 km/h muss sie ganz schön draufhalten.

 

Lea wirft so doll sie kann. Der Ball schießt wie ein Strich durch die Halle ins untere linke Eck. Gespannt schauen beide auf die Anzeige - 98 km/h. Lea lächelt. „So, dein Versuch, Maxi. Ich wette um 10 Liegestütze, du kommst nicht näher dran.“

Maxi ist davon überhaupt nicht beeindruckt. Sie erhöht den Wetteinsatz. „Machen wir es doch spannend, ich erhöhe auf 20 Liegestütze.“ Lea willigt schnell ein, bevor Maxi noch auf 30 Liegestütze erhöht. Maxi schnappt den Ball und geht an den 7-Meter Punkt. Beim Blick auf das Tor wird ihr plötzlich mulmig. So, als hätte sie zu viel Eis gegessen oder den Mund zu voll genommen. In ihrem Kopf rattert es. Wenn sie richtig rechnet, gibt es exakt drei Geschwindigkeiten, mit denen sie die Wette gewinnen könnte. 99, 100 und 101 km/h. Ist der Wurf langsamer oder schneller, hat sie verloren. Bei 98km/h ist Gleichstand.

 

Wie soll sie das schaffen? War sie mal wieder zu vorschnell? Auf Liegestütze hat sie gar keinen Bock. „Maxi, Konzentration, Konzentration, Ko …“ Plötzlich weiß Maxi ganz genau, wie das Problem zu lösen ist. Sie muss nur den Pfosten treffen, dann geht die Maschine KO - so wie eben - und spielt verrückt. Kein Tor. Keine Geschwindigkeit. Keine Liegestütze.

 

Maxi prellt zwei Mal und holt tief Luft. Nach ein paar Millisekunden verlässt der Ball ihre Hand und fliegt mit Riesengeschwindigkeit Richtung Torpfosten. Julian verfolgt konzentriert die Flugbahn des Balles. Am Torpfosten ändert der Ball seine Richtung und kommt plötzlich auf ihn zu.

„auuuuu“,

schreit Julian, als ihn der Ball am Kopf trifft. Ihm wird schwarz vor Augen und er taumelt rückwärts. Erst nur ein paar Schritte, dann fällt er zu Boden. Automatisch stützt er sich mit seinen Händen ab. Handballer wissen, wie man fällt, ohne sich zu verletzen. Am Boden dreht sich alles um ihn. Als wäre er soeben zehn Runden Kettenkarussell gefahren. Oder 15. Oder 20. Seine Finger ertasten vorsichtig die Stelle, an der ihn der Ball getroffen hat. Eine Beule. Nicht groß, aber groß genug, dass sie schmerzt. „Auuuu!“ Er nimmt seine Trinkflasche und hält sie sich an die Beule am Kopf. Zufrieden seufzt er, als die Kälte in seinen Kopf fährt.

Julian sieht, wie Maxi angerannt kommt. Ihre Lippen bewegen sich und ihre Arme gestikulieren wild umher. „Alles gut!“, ruft er ihr zu und verlässt so schnell er kann die Halle. Nur raus hier, bevor ich nochmal abgeschossen werde.

 Sein linker Fuß bleibt an einer Kiste im Flur hängen. Julian stolpert. Mit etwas Glück kann er sich gerade noch abfangen. „Ich Pechpilz“, flucht er vor sich hin.

 „Moin, überragende Flugeinlage“, schallt es von der Seite. Julian ist auf 180. Mindestens. Erst ein Pfostentreffer, dann eine Stolperfalle und jetzt noch ein saublöder Kommentar. Das Camp fängt ja gut an!

 

„Julian?“ Der Typ kennt auch noch meinen Namen? Julian dreht sich verärgert um. Verwundert reibt er sich die Augen. Den Typen kennt er doch.

 „FOM?“ Unsicher schaut er den Mann an. „Hey Julian, was für eine Freude! Ja, ich bins, FOM.“

 Julian vergisst für einen Moment seinen Schmerz. „Mensch, wir haben uns ja ewig nicht gesehen.“

„Ja, seit Berlin“, erinnert sich FOM. „Stimmt, da waren wir zusammen auf Fuchsjagd.“

„Wenn ich mich richtig erinnere, waren wir ein richtig gutes Team. Apropos Team: Sag mal, bist du beim Camp dabei?“

„Ja, bin grad angekommen. Mist, mein Papa wartet bei der Anmeldung. Wir sehen uns später, ja?“

„Na, du hast wohl schon jemanden getroffen, den du kennst?“, begrüßt ihn sein Papa nachsichtig.

Julian lächelt. „Ja, FOM.“

„Ist das ein Spieler?“ Wie meistens ist sein Papa ahnungslos. „Papa, FOM ist Reporter.“

„Aha, und was macht dieser FOM-Reporter hier?“

Julian hat so gar keine Lust, mit seinem Papa zu diskutieren. „Ich glaub, du fährst jetzt besser. Ich komm schon zurecht.“

„Da habe ich keinen Zweifel, mein Großer. Viel Spaß und melde dich, wenn was ist.“ Nach einer Umarmung und einem Selfie für Mama steigt Papa ins Auto. Julian nimmt die Unterlagen für das Camp entgegen und geht auf sein Zimmer. Nach der ganzen Aufregung braucht er etwas Ruhe.

 

Nach dem Abendessen und einem ersten Kennenlernen der Trainingsgruppe surft Julian ein bisschen im Internet und entdeckt auf Instagram ein Bild seines Lieblingsspielers Fabian Wiede. Im Text darunter steht: „Baden, Schnorcheln, Wellenreiten – noch 10 Tage Urlaub.“ Kurzerhand postet er ein Foto von sich selbst vor dem Camp:

 „Passen, Springen, Werfen – noch 5 Tage Handballcamp!“ Noch ein wenig benommen von dem Wurf an den Kopf schläft er schnell ein.